15.07.2020

Homeoffice-Boom könnte Corona-Pandemie überdauern

Berlin Die Coronakrise hat zu einem zumindest vorübergehenden Homeoffice-Boom geführt. Im April arbeiteten 23 Prozent der Beschäftigten überwiegend von zu Hause aus, wie eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB) zeigt. 2018 hatten nur 5,3 Prozent der Beschäftigten mindestens die Hälfte ihrer Arbeitstage im Homeoffice verbracht, weitere 6,7 Prozent arbeiteten in geringerem Umfang von zu Hause aus.

Die Forscher haben untersucht, wie sich die Coronakrise auf das Arbeits- und Familienleben ausgewirkt hat. Dafür fertigten sie gemeinsam mit dem Statistischen Bundesamt eine Sonderauswertung des Mikrozensus an, für den jedes Jahr gut 800.000 Personen befragt werden. Außerdem konnte sich das BIB mit einigen Fragen an der Mannheimer Corona-Studie beteiligen, einer der ersten repräsentativen Befragungen zum Leben während der Coronakrise. Dafür wurden in der Woche vom 17. bis zum 24. April 3600 Teilnehmer befragt.

Nach Selbsteinschätzungen der Befragten könnten etwa 42 Prozent ihren Job zumindest gelegentlich am heimischen Schreibtisch erledigen. Vor Ausbruch der Coronakrise waren es vor allem Erwerbstätige mit höherem Bildungsabschluss und höherem Einkommen – etwa in hochqualifizierten Büroberufen –, die zeitweise das Homeoffice nutzten.

Im europäischen Vergleich lag Deutschland bei der Nutzung des Homeoffice vor der Krise damit aber lediglich im Mittelfeld. Berufstätige in den Niederlanden oder in Skandinavien verbrachten fast ein Drittel ihrer Arbeitszeit zu Hause. Themen des Artikels Homeoffice Coronavirus Arbeitsmarkt ifo Institut

Die Krise könnte aber auch hierzulande zu einer dauerhaften Verhaltensänderung führen: „Es ist davon auszugehen, dass die Erfahrungen während des Lockdowns langfristig zu einer neuen Balance von An- und Abwesenheit am Arbeitsplatz führen werden“, sagt BIB-Direktor Norbert F. Schneider.

Das Homeoffice ermögliche nicht nur eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern könne auch für eine geringere Verkehrsbelastung durch Rückgang des Pendlerverkehrs und eine Begrenzung des Urbanisierungstrends sorgen. Voraussetzung sei aber, dass auch im ländlichen Raum flächendeckend Breitbandinternet zur Verfügung stehe. Keine Pflicht zum Homeoffice

Allerdings hätten nicht alle Beschäftigten, für die das Homeoffice theoretisch infrage komme, auch optimale Bedingungen, um von zu Hause aus zu arbeiten. Das Recht auf Homeoffice, wie es etwa von der SPD und Arbeitsminister Hubertus Heil gefordert wird, dürfe deshalb nicht zur Pflicht werden, betont Schneider.

Auch das Münchener Ifo-Institut rechnet damit, dass der Trend zum Homeoffice in vielen Firmen die Coronakrise überdauern dürfte. 54 Prozent der Betriebe erwarten, dass diese Arbeitsform dauerhaft zunimmt, wie eine am Montag veröffentlichte Befragung bei rund 7300 Unternehmen ergab. „Die Coronakrise könnte einen dauerhaften Schub fürs Homeoffice bedeuten“, sagte auch Ifo-Experte Oliver Falck.

„Für viele Unternehmen ging die Umstellung mit beträchtlichen Investitionen in digitale Infrastruktur und neue Kommunikationstechnologie einher“, sagt Falck. Diese Neuorganisation der Arbeit werde aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vollständig rückgängig gemacht werden.

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